Sabine wehklagt, und ich grinse. Sie ist völlig entnervt, und ich wusste es schon vorher. Wenn ich mich mit einem Naturgesetz auskenne, so ist es das der ungeschriebenen Zeitchaosregel bei Aushilfskräften/Neueinsteigern. Eine neue Sekretärin, eine Aushilfe, ein frischer Azubi und eine Kraft von der Zeitarbeit, sie alle haben in der Regel folgendes gemeinsam: Einen dringenden Zahnarzttermin innerhalb der nächsten Tage. Einen Tag in der allerersten Woche, an dem sie später kommen und einen, an dem sie früher gehen müssen. Ein Auto, das gerade zusammengebrochen ist oder am dritten Tag zusammenbricht und selbstverständlich keine Alternative in Sicht ausser erläuternswert stressigen und zu Verspätung führenden öffentlichen Verkehrsmitteln. Das alles und obendrein noch die übertrieben devot gestellte Frage, man habe da in 8 Monaten den Beerdigungstermin seiner Oma, das wolle man nur schon mal ankündigen. Schliesslich, man hat ja nicht mit Absicht Termine, richtig?
So zu spötteln ist böse, ja. Und ich könnte mich dennoch kringeln, weil es leider jedesmal zutrifft. Woran es liegt, vermute ich nur. Warum es sich zu dem Zeitpunkt gibt, wo die Leutchen eingearbeitet sind, kann ich mir denken. Und es nervt ganz unglaublich, weil man sich in der Position befindet, wo man sich wie ein Miesling aufführen/fühlen würde, wenn man sich kritisch äussern würde - während einem doch nur ein einziger Satz auf der Zunge liegt “Wieso schaffen das eigentlich alle anderen hier schon jahrelang ohne so ein Theater und nur Sie nicht?”
Weil er/sie neu ist. Vor 10 Jahren, zwischen 2 Jobs, habe ich auch bei der Zeitarbeit gearbeitet. Ich war 4 Tage in einer Firma, da hat mir ein Magen-Darm-Virus so die Verdauungsvorgänge zerhauen, dass nur noch ein würdevoller Rückzug in gekachelte Räumlichkeiten blieb. Ich fiel also insgesamt 3 Arbeitstage aus. Und als ich zurückkam, wurde ich mit einem so dermassen eiskalten Hass begrüsst, dass ich als Berufsanfängerin diesen ganzen “Sachbearbeiterinnen” fast hilflos gegenüberstand. Mit den Erfahrungen der letzten Jahre ist es mir verständlicher, dass eine Ausleihsklavin, die aus der Rolle tanzt, all das mit ausbaden muss, was all die anderen vertanzt haben 😉 und dazu kommt noch, dass es für die Fliessbandsachbearbeiterinnen dieses japanischen Konzerns sicher ganz selten war, dass sie das Gefühl hatten, jemand sei ihnen vom “Status” untergeben. Bei mir hat die Erfahrung von damals dazu geführt, dass ich die Zähne zusammenbeisse und versuche, es gelassen hinzunehmen, wenn mir oben beschriebenes Syndrom begegnet. Was will man sonst auch tun?
Vielleicht selbst auch mal einen Termin haben, statt sich fast das Genick zu brechen, um in aller Hetze alles ausserhalb der einigermassen regulären Arbeitszeiten zu erledigen? Auch mal ‘ne Idee.
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