Räuber.

Es raschelte, hinter der benachbarten Stuhllehne sah man erst ein Ohr, dann dämonisch verdunkelte Augen und eine appetitliche rosafarbene Nase. Während ich noch überlegte, ob Kenzos Schnäuzelspitze mich heute mehr an zarten Kochschinken oder rosiges Marzipan erinnerte, preschte das Knödelvieh auch schon vor und schlitzte mir übergangslos die Hand von oben bis unten auf. Um dann popowackelnd angriffslustig vor mir zu sitzen und darauf zu hoffen, dass ich auch fein mitspielen mag.

Das hat er gestern auch schon gemacht. Mit meiner anderen Hand.

Erklären kann ich es mir nur so, dass dieser Waldkaterklops heimtückische Angriffe für eine gute Methode hält, seine Position in der wachsenden Familie zu sichern. Vielleicht sticht ihn auch nur der Hafer, wäre ja nicht das erste Mal. Jedenfalls kann er gleichzeitig beißen, mit vier Pfoten kräftig kratzen und zärtlich schnurren - diese spontanen Attacken muss ich ihm dringend wieder abgewöhnen. Ein fester Klaps auf den Gepolsterten hat ihn nicht beeindruckt. Nicht im Geringsten.

Hinter Türen, Ecken und Stuhllehnen lauern jetzt überall scharfe Krallen und das Vieh fällt lieber kopfüber vom Stuhl oder Bett, als auf einen Hackangriff zu verzichten. Glücklicherweise kann er nicht widerstehen und hackt vorher schon mit einer Pfote und ausgestreckten Krallen in Richtung Opfer in der Luft herum, der kleine Depp, dann ist man vorgewarnt. Wenn er aber über die Lehne springt und frontal auf mich drauf, hilft es mir auch nicht, wenn ich ihn vorher schon da rumturnen sah. Er findet das lustig, das merkt man.

Heute erwischte er der Länge nach den Zeigefinger und als ich ihm vorwurfsvoll den dicken Tropfen Blut zeigen wollte, den er herausgeschlitzt hatte, kam er mit der Nase zu nah und tauchte sie gleichmäßig dunkelrot ein. Bah.
Wenigstens fand er das nicht gut und hat sich gleich gesäubert. Ich hätte ihm auch zugetraut, voll auf den Geschmack zu kommen.

Kenzo im Baustellenstaub
(Kenzo im Baustellenstaub)

14 Kommentare Räuber.

  1. Avatar Silke 23.08.2007 um 12:13 Uhr

    Zum Glück greifen meine beiden sich meist nur gegenseitig an. Hast Du es schon mal mit Wasser versucht? Meinen beiden konnte ich mit einer Blumenspritze erfolgreich solche Unarten wie auf dem Wohnzimmertisch spazieren abgewöhnen.

  2. Avatar melody 23.08.2007 um 13:05 Uhr

    Wasserpistole: Kenzo setzt sich erstaunt hin und guckt die nassen Stellen auf seinem Fell an. Gegebenenfalls streckt er die Pfote nach dem Strahl aus oder dreht sich ein bisschen weg - wirklich beeindrucken kann ihn das nicht, sein Fell ist zu dick.

    Dafür hat er sich angewöhnt, in der großen Badewanne auf der Stelle zu traben, als ob er ein Loch graben möchte 😊)

  3. Avatar Silke 23.08.2007 um 13:07 Uhr

    Hmmm… da fällt mir dann nur noch ein Eimer Wasser ein, aber das ist dann doch zu fies und vor allem nass :D Soll ich Euch mal die Tiernanny schicken? *lololol*

  4. Avatar Lillian 23.08.2007 um 17:23 Uhr

    ich hatte auch mal so ein *böses* miezetier. weißt du, was bei mir geholfen hat? pusten! einfach nur dolle in richtung katzennase pusten. das mögen die gar nicht!

    hilft auch bei meiner aktuellen wilden motte zuhause, die ist aber im moment viel zu abgelenkt vom sommer-garten für solche attacken, im winter geht´s sicher dann wieder los…

  5. Avatar Liisa 23.08.2007 um 20:31 Uhr

    Seit wir Aljoscha haben, kann ich noch viel besser verstehen, was Du hier immer so über Kenzo schreibst. Muß wirklich an der Rasse liegen! ;o) Viel Glück im Kampf um die Vorherrschaft mit dem Kater mit den “dämonisch verdunkelten Augen” ... an Deiner Stelle hätte ich auch Angst gehabt, dass der bei Blut erst richtig auf den Geschmack kommt!

    Katzennase-pusten wirkt bei einigen Katzen übrigens wirklich ... aber eben nur bei manchen und meist nicht bei der eigenen Katze.

  6. Avatar Lutz 24.08.2007 um 08:58 Uhr

    Druckluft !

    Es gibt im Elektronikhandel Druckluft in kleinen handlichen Dosen. Wird normalerweise zur Reinigung eingesetzt.

    So gesehen passt es ja sogar 😊

    Der Schreckeffekt sollte enorm sein.

    Wichtig ist auf jeden Fall, dass das Schreckerlebnis mit seinem Angriff verknüpft wird und nicht mit der angegriffenen Person.

    Lutz

  7. Avatar Cecie 24.08.2007 um 11:37 Uhr

    katzennasepusten heisst auf kätzisch anfauchen. von daher ein eigentlich sehr gutes mittel, aber unsere pappnase nimmt das auch nich für voll… so is das eben mit jungen wilden katzen, da hilft nur ausspielen. ich schneide meinen katzen übrigens regelmässig die krallen - nicht, weil ich sie misshandeln oder einschränken will, sondern weil sie sie (sind nur in der wohnung) selbst nicht ausreichend ablaufen. wenn man einmal ne katze gesehen hat, die panisch in der gardine oder im teppich hängt und nicht von allein loskommt, überlegt man nicht mehr. unser kleinerer kater kann seine krallen ohne nachschneiden z.B. nicht richtig einziehen; dann hat man die beim spielen natürlich sofort in der hand… krallenscheren gibts beim tierarzt und ist recht einfach, nach ein paarmal machen halten meine auch ganz still. vllt. mal versuchen?

    viele grüsse, silke

  8. Avatar creezy 24.08.2007 um 13:37 Uhr

    Irgendwie freut es mich zu lesen, das Kenzo eben immer noch Kenzo ist. Aber auch beruhigend zu hören, dass er kein Vampyr ist …

    Armer Kater, keiner versteht, dass ihn Pfarrfeste, weg gezogene Hagen und neuer Baustress zusetzen und er im Grunde Urlaubsreif ist.

  9. Avatar Conny 26.08.2007 um 22:06 Uhr

    Hauehaue…das darf er sich aber schnell abgewöhnen! Baby wird das nicht gefallen….😉 Ich gratuliere zum Bald-Mama-Sein, pflege Deinen Bauch, lass Dir nicht dreinquatschen und genieße die Ruhe.:o)

    Hab übrigens mein Template getauscht - war echt ein wenig finster.

    Conny

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