Links oben auf meinem Bildschirm - in jener Ecke, die für die Ausübung der gepflegten Feng-Shui Nahkampf-Variante von höchster Bedeutung ist - sitzt gefesselt und geknebelt die Muse Nummer Vier. Inzwischen hat sie es aufgegeben, trotz des soliden Knebels aus Paketklebeband unartikulierte Laute hervorzuwürgen und beschränkt sich darauf, ab und zu trotzig mit einem Fuß gegen das Glas zu scheppern. So kann sie ihrer Aufgabe natürlich nicht nachkommen, andererseits war sie auch vorher nicht besonders hilfreich. Als ich eben in die Küche marschierte, um die leere Mineralwasserflasche gegen eine neue umzutauschen, hat sie sich trotz der Fesseln auf die Tastatur fallen lassen und ist dann von Buchstabe zu Buchstabe gehopst. Als ich zurückkam, stand auf dem Monitor: “Ich hab es ja gleich gewsst !!!!!!” und bitte sehr, auf solche Besserwisserei könnte wohl jeder jederzeit verzichten, oder?
Selbstverständlich hat sie es vorher gewusst. Ich auch. Es ist ja auch nicht mein erster Buchvertrag, sondern der fünfte. Man vergisst drei Stunden nach Abgabe des Manuskriptes bis genau zum nächsten Mal, dass man Blut, Schweiß und bittere Tränen vergossen hat, um sich Seite für Seite vorwärts zu würgen und das zu tun, wovon die meisten anderen immer nur reden: Eine Schublade oder einen Auftrag von einem ungeborenen Buch befreien. Es ist überschaubar, und dann verliert man den Faden. Es ist machbar, und dann geschieht Unvorhergesehenes. Es ist berechenbar, und dann platzt die Infoquelle. Es ist wie mit dem Schnupfen beim ersten Date - die Welt geht nicht unter, aber man fühlt sich bescheiden und zieht es trotzdem durch und dann ist das Ende gar nicht bitter. Es geht eigentlich alles und doch möchte man ununterbrochen den Schädel gegen den Bildschirm hämmern. Alles ganz normal. Working nine to five. Nur ohne Song. Ein wochenlanger Montag. Und obwohl man weiß, wofür, fragt man klagend: Wofür? Bücher schreiben ist verdammt anstrengend. Verdammt anstrengend.
Und dann ... geht’s weiter und das war gerade noch rechtzeitig. Irgendwann kommt ein magischer Moment, ab dem es wieder geht. Wenn man in den fünften Gang schalten kann, um sich große Strecken vorwärts zu arbeiten. Ich bestelle hiermit diesen Flow für Montag, den 22. April 2002 so ca. um 7 Uhr 30 am Morgen. Meinetwegen auch um 8. Aber dann ... dann wird diese Muse entweder ihre Klappe halten, arbeiten wie gewohnt und die geforderte Energie liefern, oder ich tackere sie gegen den Umsatzvorsteuerscheck und dann kann sie mal gucken, wie sie nach einem heißen Trip per Post auf deutschen Behörden klarkommt.
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