Heute morgen dachte ich wirklich, ich schaff’s nicht, aufzustehen. Es war das erstemal seit Ewigkeiten, dass ich sooo müde war, aber immerhin gab es einen guten Grund, erschöpft zu sein. Einmal die vielen Überstunden der letzten Zeit, aufgelockert von dem vagen Versprechen des Chefs, ich würde in mittelfristig absehbarer Zeit einen Assistenten bekommen 😊 Und dann die Klapse, immer für eine Überraschung gut. Ein Journalist von EinsLive hat mich angerufen und wollte mich dazu überreden, für EinsLive TV über “Awards” zu sprechen. Als Expertin. Ich bin aber keine.
Es gibt keine bessere Möglichkeit, sich für den Rest seines Lebens unglücklich zu machen, als sich in einem Fernseh-Kurzbeitrag als Experte für irgendwas aufzuspielen. Irgendeiner, bei dem man es sich nicht wünscht, erinnert sich garantiert im unpassendsten Zeitpunkt daran (Zahnarzt, sage ich nur. Ein Schlauch im Hals, ein Bohrer in den Kiemen, Watte im Kiefer und dann die Frage “Hab ich sie nicht gestern im Fernsehen gesehen? Sie sind eine Emanze, richtig???”)
Nei-iiiiin, ich habe eine bessere Lösung gefunden. Jemanden empfohlen, dessen trockener Humor und Alltagssarkasmus da schon die passenden Sprüche liefern werden. Ich weiss es genau. Dieses Thema braucht keine Zuckerwatte und keinen Sülz 😉
Der nette Sven wollte unbedingt eine Expertin, und ich wollte unbedingt keine sein. Na gut, ich hätte können gekonnt. Das gebe ich zu. Aber ich hatte echt keine Lust. Ich hätte Urlaub nehmen müssen, es wäre verdammt kurzfristig geworden (heute, nämlich) und obwohl der Typ von EinsLive supernett war, finde ich das Thema Awards für mich dann doch eher unpassend. Aber die Klapse/r waren Feuer und Flamme, und das ist auch richtig so. Wir hatten schätzungsweise drei Stunden Zeit, uns ein paar Dinge zu überlegen, die sie mit dem Fernsehteam anstellen konnten, und so verbrachte ich gestern abend damit:
http://www.melody.de/klapse/award
nachdem ich gegen Acht aus der Firma kam. Das alleine ist natürlich noch kein Grund für einen Erschöpfungszustand, aber es muss Euch reichen, wenn ich sage, dass mal wieder gar nichts - aber auch wirklich gar nichts! - klappte und zum Schluss dann doch alles gut ausging.
Das hoffe ich jedenfalls, denn das letzte, was ich hörte, war die vorwurfsvolle Stimme der Petra von der Klapse, die die Webseite nicht hochladen konnte, während im Hintergrund das EinsLive-Team herumwuselte. Sowas passiert schon mal, wenn man 12 hyperchattende Teenies an 8 Computern an 1 (eine!) Leitung hängt. Ich konnte nur erklären, dass fünf Leute auf gänzlich verschiedenen Internetzugängen problemlos hatten gucken können, die Seite also definitiv in Ordnung war und ich sie selbst auch gerade aufgerufen hatte .... und telefonisch einem Computerneuling zu versuchen zu erklären, was ein Proxy-Server…..
Aber es hat bestimmt irgendwie geklappt. Je nervenzerfetzender, je schlechter organisiert, je chaotischer, desto grösser ist die Chance, dass es am Ende doch noch klappt 😊 ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass diese Erkenntnis/Erfahrung neu für mich ist. Und so legte ich dann (beinahe fingernägelkauend, aber nur beinahe, denn meine sind dafür zu hart) den Hörer wieder auf die Gabel in der Gewissheit, dass die Klapse-Pädagogen das Kamerateam schon schaukeln würden. Ich meine, solange Eike diese Hamsterbilder auf ‘seinem’ PC hat, kann sowieso nicht viel schiefgehen, denn die kann man ja notfalls zeigen? 😊))
Der Tag im Büro war allerdings der Hammer. Schon wieder. Mittags erwischte ich mich dabei, dass ich laut fluchte und den Jungs mitteilte, dass ich jeden von ihnen gegen eine Cappuccino-Maschine tauschen würde. Als ich merkte, dass ich die innere kleine Grenze überschreite, mit der man kapituliert und seine Abende als “teilweise im Büro” verplant (und das ist NICHT mein Lebensziel!) und schon anfängt, das als normal zu betrachten, habe ich eine neue Aushilfe beantragt. Die vorherige kann man schlechten Gewissens nur als von uns verschlissen bezeichnen, sie hat den Anforderungen nicht mehr standgehalten und wurde ständig schusseliger. Obwohl ich sie wirklich total nett fand und finde, kann ich mir keine Unterstützung leisten, deren Arbeit ich dann kontrollieren muss. “Nicht belastbar” ist wohl der offizielle Jargon :-(
Die Zeitarbeitsfirma findet mich sicherlich schwierig. Sie priesen mir eine Dame an, die für eine ‘wichtige Bank’ gearbeitet hatte und eine, die ein ‘Vorstandssekretariat’ tätig war und ich erklärte, das sei ja nun wahrhaftig kein Qualitätsmerkmal, sondern wahrscheinlich eher das Gegenteil. Ich brauche ganz einfach jemanden, der auch in der rauhen realen Wirtschaftswelt wirklich praxistauglich ist, mit Kunden telefonieren kann, keine Angst vor Computern und die entsprechenden Grundkenntnisse in Standardanwendungen hat, sich fliessend auf englisch verständigen kann und in einem Team völlig verrückter und rücksichtslos hemmungsloser Computerchaoten seine Lernbereitschaft behält. Will sagen, ich brauche genau das, was all die jungen Dynamischen anpreisen in ihren Stellenangeboten. Genau das, das absolut nicht aufzutreiben ist, wenn man sucht.
Zögernd kam die Frage, ob es denn auch ein Mann sein dürfte. Haha. Diese Gelegenheit, auch mal jemanden zu diskriminieren und ihm die Emanzipation zu versauen, habe ich jetzt mal ausgelassen. “Wenn demjenigen kein Zacken aus dem Krönchen fällt, wenn er für mich kopieren und Kaffee kochen muss” konnte ich mir dann aber doch nicht verkneifen. Der Chef kam an mir vorbei und ich fragte anstandshalber “Unsere Aushilfe kann doch auch männlich sein, das ist doch egal, ODER?” Die Antwort kam prompt und lautete “Wenn er hübsche Beine hat.” Argh. Warum musste ich auch fragen.
“Uns ist das egal” erklärte ich also wahrheitsgetreu und lauschte der langen Auflistung all der Dinge, die der junge Mann angeblich kann. Wenn das alles stimmt, kann er meinen Job haben und ich lege mich im Konferenzraum aufs Ohr, bis sie mich feuern 😉
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