Die Frage an mich, in einem langen ...


Die Frage an mich, in einem langen anderen oder doch nicht anderen Zusammenhang: “Ist es nicht Betrug an meinem Partner, wenn ich über Wünsche und Fantasien schreibe und dabei Sexualität und Erotik nicht ausspare, sondern im Gegenteil auslebe? Fängt Betrug nicht im Kopf an??”

Autoren schreiben über Mord, Lust und Missbrauch. Über Krieg, Träume und silberne Wesen auf fremden Planeten, über die Hingabe an eine Schüssel Penne al dente und die Liebe zu einem kühlen Glas Wein. Sie schreiben über Lüsternheit, Geilheit, Sex und Experimente, über das Wachsen von Blumen und Gedanken. Das ist kein Betrug im Kopf, das ist Literatur. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass ein Schreiberling nicht mit jemandem leben kann, der auf Texte eifersüchtelt. Aber andererseits gehen alle diese Einzelfälle mich natürlich auch gar nichts an.

Erotica, erotische Literatur und was sich dafür hält, das ist ohnehin so eine Sache. Viele dieser Leute, die beim Schreiben eifrig im eigenen Höschen rubbeln und grauslige Texte über großwüchsige Gemächte, feuchte Grotten, abstruse Situationen und geiles Gestöhne verfassen, halten sich zweifellos für freizügige, aber wahre Künstler. Anders ist der allgemeine Übereifer beim Verfassen dieser ganzen Übeltaten kaum zu erklären. Wer es wagt, das zu kritisieren oder gar nicht zu mögen, ist halt doof, verklemmt und prüde. Jawohl. Mich ergreift dann immer fast der Neid: So ein simples Gemüt zu haben, wie erholsam muss das sein.

Das Tückische an den Onaniergeschichten ist leider, dass sämtliche erotischen Texte Gefahr laufen, daran beurteilt zu werden. Sie schreiben erotische Geschichten?! Oh.

Das Wohltuende wiederum: Du kannst, egal was du schreibst, nie der Schlechteste sein. Kleiner Scherz, wohlgemerkt. Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, Geschichten zu schreiben, in denen es nicht um Menschen geht und was sie alles so treiben. Sexualität aussen vor lassen wäre nicht ehrlich gewesen, denn ich denke viel an Sex. So wie alle, die ich kenne. Wenn sie ehrlich sind. Und noch atmen 😉

Wenn ich nun also gefragt werde “aber gehe ich nicht zu weit?” und “was ist, wenn das meine Eltern, mein Partner lesen?” und “wie sag ichs meinem Kunden?” ... dann kann ich nur antworten: Da musst du durch. Da müssen die durch. Meine Kunden schweigen übrigens dazu oder loben sehr angetan oder sagen neckisch “Nana, junge Dame, Sie schreiben aber anzügliches Zeugs” und dann sage ich, was ich immer sage: Ich finde, Erotik gehört zum Leben und sie sorgfältig auszusparen gibt ihr eine übertriebene Wichtigkeit. Ausserdem ist es schön so. Und ich kann damit gut leben. Back to business nun, bitte.

Das funktioniert sehr fein. Ich habe nicht viel nachgedacht, als ich mein Buch mit “Kurzgeschichten, Märchen und erotische Erzählungen.” untertitelte und bin sicher keine Expertin für das akribische Einsortieren von Texten. Ich mag es, auf einen Blick zu sehen, auf und in welche Richtung Buch ich mich einlasse und die eine oder andere Story soll kribbeln oder krabbeln oder wecken, also stimmt die Beschreibung dieses Taschenbuchs wohl so.

Ansonsten treffe ich die Entscheidung, wie weit ich mit einem Text gehe und wo und ob er veröffentlicht wird, mit den ersten Sätzen. Früher instinktiv, inzwischen bewusst. Da ich lieber für Leser schreibe als für geheime Schubladen, lasse ich zur Zeit mein eigenes ErLeben aussen vor und verschenke nur Fantasien. Habe ich nur gesagt? Ich habe “nur” gemeint. Es ist nicht mein Problem, ob andere das verkraften, akzeptieren oder mögen, was ich schreibe und wer sich in seinem Tun nach anderen richtet und nicht nach den eigenen Instinkten, wird sowieso nicht weit kommen.

Du kannst fünf verschiedenen Leuten eine Schreibübung mit einem sorgfältig festgezurrten Thema und einer Zeilenbegrenzung geben und wirst fünf völlig unterschiedliche Texte erhalten (zumindest, wenn du kreative Menschen erwischt hast, und das wollen wir doch mal hoffen). So soll es sein. Genau so. Deswegen ist es auch gar nicht so wichtig, ob ich oder jemand anderes einen Text mag. Ob ich oder jemand anderes das auch so geschrieben hätte. Ob ich oder jemand anderes sich das trauen würde, das veröffentlichen könnte oder auch nur anderen zeigen. Du musst das selbst entscheiden. Und es alleine tun.

Ich finde aber, dass es machbar und wünschenswert ist 😉 You, too, are an eagle waiting to happen. .... [... there are too many eagles pretending to be chickens. It’s unfortunate that when people begin to soar like eagles, the chickens feel a need to throw rocks.] Deutsche Hühner sind deutlich missgünstiger als anderes Federviech. Hühner werden immer mit Steinen nach den Adlern werfen. Es wird immer mehr Hühner als Adler geben. Und nicht in jedem Huhn steckt ein Adler, da muss ich Halcyon widersprechen 😉 aber es ist ein romantischer Gedanke, ich seh das schon ein.

Genug Theorie. Now go, spread your wings and fly.

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