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“A great city is nothing more than a portrait of itself, and yet when all is said and done, its arsenals of scenes and images are part of a deeply moving plan.”
(Winter’s Tale, Mark Helprin)
Ja, ein Wintermärchen. Ein Buch über New York, aber auch eine machtvolle, inspirierende und mitreissende Fantasy-Legende. Ein Buch, das ich auf englisch gelesen habe, dann auf deutsch. Habe ich es verliehen, kaufte ich es mir am selben Tag noch einmal neu, was gut so war, denn es kam nie zurück zu mir. Seite 68f:

Manhattan, hochaufragend, eng und zukunftsträchtig wie die Hauptstädte vergangener Königreiche, brach mit voller Wucht über Peter hinein. Er fühlte sich wie in einem riesigen, halbfertigen Palast mit hundert Millionen Gemächern, verzweigten Gärten, künstlichen Seen, Passagen und Promenaden an Flussufern. Dieses gewaltige Bauwerk war auf einer Insel errichtet worden, von der Brücken zu anderen Inseln und zum Festland führten. Einem Angriff wären die tausend Türme schutzlos ausgeliefert gewesen, zumal alle Welt ungehindert Zutritt hatte. Manhattan war jedoch so groß, daß es nicht erobert, sondern höchstens, auch gegen seinen Willen, besucht werden konnte. Reisende, Einwanderer und sogar die Bewohner selbst waren so verwirrt von der Vielschichtigkeit, Launenhaftigkeit, Eitelkeit, Unmässigkeit, Größe und Anmut der Stadt, dass sie längst nicht mehr zu sagen wussten, was sie eigentlich darstellte. Gewiss, sie war im Grunde von einfacher Beschaffenheit und bei aller Geschäftigkeit säuberlich gegliedert, reizvoll und gefällig, ein wimmelnder Bienenkorb der Phantasie und das größte Bauwerk aller Zeiten. Das begriff Peter Lake schon, als er in seinem derben grobgewebten Kittel um fünf Uhr abends an einem Freitag im Mai auf der Bowery stand, die Muschelkrone auf dem Kopf und um den Hals das gefiederte Band. In der einen Hand hielt er den Krug mit purpurnem Muschelbier, in der anderen den öligen Beutel aus Waschbärhaut, der mit Dörrfischwaffeln gefüllt war. Peter war überwältigt, aber er nahm alles begierig in sich auf.
Die Ereignisse liessen nicht auf sich warten. Zuerst wurde ihm das Kanu gestohlen, kaum dass er in der South Street ein paar Schritte auf dem Pier gemacht hatte. Als er dem Boot nur für einen Augenblick den Rücken zuwandte, kamen ein paar Gestalten aus der Dämmerung zwischen den bemoosten Holzpfählen hervorgehuscht und verschwanden gleich darauf mit dem Kanu, als hätte sie der Erdboden verschluckt. Wenige Minuten später sah Peter ein Grüppchen junger Burschen mit Holzbündeln unter dem Arm davontraben. Sie hatten sein Kanu kurz und klein geschlagen, um es als Feuerholz zu verkaufen. Zu dem Zeitpunkt, als Peter die Bowery erreichte, brannte es schon in einer Imbissbude unter Kesseln mit Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch. Manchmal kam es Peter Lake so vor, als ähnelte diese Stadt oder das, was er bisher von ihr gesehen hatte, dem Wolkenwall.

(Ebay (Sucheingabe “Helprin”) und auch bei Justbooks.de kann man dieses Buch noch auf deutsch bekommen. Aber Achtung, das ist ein extrem dickes Taschenbuch, eventuell mit höheren Versandkosten.)

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