Heute war ich auf einer Lesung in Bremen (einige werden wissen, von welcher Autorin) und bin gut ins Schwitzen gekommen, weil ich nicht damit gerechnet habe, von ihr quer durchs ganze Publikum freudestrahlend begrüßt zu werden. Nun ist es nicht gerade so, als hätte ich Angst vor dem freien Sprechen vor Menschenmassen oder so, aber ich führ eben keine Privatgespräche vor interessiert lauschendem Fangrüppchen und so war das ein wenig verwirrend.
Gallegiftig angestarrt zu werden von irgendwelchen Groupies war auch sehr gewöhnungsbedürftig und obwohl es sehr schön war und gut gelesen und überhaupt sehr interessant, weiß ich nicht, ob Lesungen so das Wahre für mich sind. Also, generell. Nicht nur die von Leuten, die ich auf die eine oder andere Art und Weise kenne. Das Publikum war «glossenträchtig», noch nie habe ich so viele Klischees in einem Raum zusammengetrieben gesehen. Das liegt natürlich daran, dass ich um den klassischen deutschen Literaturbetrieb einen Bogen schlage, weil zu anstrengend, zu sehr brain-fuck, Vergleich, Theorie und Wortgebirge. Zu viel gedacht und zu wenig gefühlt. Na ja, und bisher auch nicht in meiner Zielrichtung gelegen.
Gut gefallen hat mir der Moment, als sie mich anlachte und dann frech grinsend ihre Widmung in das Buch schrieb, das ich schnell noch gekauft hatte (*hüstel) und ich sagte “hey, du schreibst da aber was rein, das ich auch anderen zeigen kann?” und einen wahrhaft atemberaubenden Augenaufschlag erntete. “Danke für diese eine Nacht?” schlug sie vor und es klang so anzüglich, dass neben ihr an die fünf schwarz und intellektuell gewandete und vermutlich am eigenen Geschlecht interessierte Damen einen Herzkoller kriegten. Hab ich schon erwähnt, dass es ein verdammt seltsames Gefühl ist, von irgendwelchen Hardcore-Fans wütend in Grund und Boden geglotzt zu werden?
Dabei hat sie das doch gar nicht da reingeschrieben 😊
Dann wollte ich aber auch raus und weg und nach Hause. Es war während dieser Lesung gar nicht so einfach, in diese schlimme Zeit nach dem 11. September zwo-eins zurückversetzt zu werden und sich daran zu erinnern, wie die Welt stehen blieb. Und manchmal sind halt auch Dinge ganz intuitiv als privat eingeordnet, die sehr öffentlich stattgefunden haben und mit Fernsehteam im Raum und immer mindestens dreißig Paar Ohren präsent und so weiter.
Also möchte ich von der Lesung jetzt nicht mehr schreiben. Zur Zeit lesen dies hier nicht viele Leute, höchstens 200 am Tag. Aber wenn sich das wieder ändert? Ich wollte mir jetzt und hier nur einen virtuellen Eindruck ins Diary kleben, sorgfältig aus dem gesamten Bild herausgeschnitten - und geeignet, die Situation komplett zurückzuholen, wann immer ich das will.
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