«Was schreibst du denn für Erotik?» begehrt B. herrisch zu wissen und schlug dann vor, sich über «unsere» Texte zu unterhalten, warf mir auch gleich einen der ihren hin. B. schreibt Fickgeschichten, in denen saftig glühende Rohre sich in feuchte leuchtendrote Schlitze schieben und die Protagonisten stöhnen, sich und einzelne Körperöffnungen dehnen und in denen alberne Accessoires bedeutsame Rollen spielen. Das findet B. wohl schön, so was zu schreiben. Mir war unbehaglich bei der kurzen und nun beendeten Kommunikation mit B., denn ich habe irgendwie den Verdacht, dass sie sich schon vor meiner Antwort erwartungsvoll am Stuhl rubbelt, wenn sie über die Inhalte ihrer Fickgeschichten reden will. B. ist nur eine von vielen Fickgeschichten-Autoren und Autorinnen, die sich erwartungsvoll aufrichten und wohl nicht nur die Lippen befeuchten, wenn sie lesen, dass ich erotische Kurzgeschichten schreibe. Sie sind nicht wirklich in der Lage, zwischen dem Lesen eines Textes und dem Austausch von Körperflüssigkeiten zu unterscheiden. Ich wohl. Und ich erkenne eine Onaniervorlage, die mir als Kurzgeschichte vorgelegt wird.
Bleibt die Frage, was ich von einem erotischen Text und also auch von mir erwarte. Das bukowskaeske Schildern animalischer Vorgänge sicherlich genau so wenig wie das andeutungsvolle Säuseln, mit dem ein gewisses Kribbeln und die männliche Erregung vorsichtig umschrieben werden. Weil ... so mancher will ja wirklich absolut bitte keine «Fickgeschichte» schreiben, gelle? Also drückt sich die pralle Männlichkeit fast schamhaft geschwollen durch die erschriebene Gegend, meistens von innen gegen einen strapazierten Hosenbund. Immerharte Brustwarzen schauen aufgeregt hinterher und ansonsten wandert der Sex größtenteils in die Hirnregion ab. Dann kann man so schön schwülstig und literarisch beschreiben wie die rollige Wallung sich anfühlt, ohne Organe und Flüssigkeiten zu erwähnen. Ich weiß nicht, ob ich es hoffen oder fürchten soll, dass auch solche durchgeistigten Beschreibungen als Masturbationshilfe dienen können, aber ich finde sie nicht lustvoll und lustig genug. Sex ist sehr humorvoll, auch wenn man’s schon kann.
Ich schwanke also zwischen der medizinischen Variante, da es eine literarische Herausforderung sein dürfte, Begriffe wie Vagina und Penis, Klitoris und Schamlippe in einen anregenden Text zu integrieren ... und dem Herauspicken einer «alltäglichen» Szene in ihrer alltäglichen Erotik und dem Zurechtschleifen in Worte. Zu einer Kurzgeschichte gehört auch Handlung, die hätte ich allerdings schon. Gestoppt bin ich beim Schreiben wirklich an jenem Punkt, als mir diese Fickgeschichte unter die Nase gehalten wurde mit einer Selbstverständlichkeit, als würde jede erotische Erzählung ohne Vorspiel auf die Fortpflanzungsorgane rubbeln ... statt im Kopf zu kitzeln, dort wo Sex wirklich stattfindet. Schwellende Schwänze und neckisch gelüpfte Röckchen, wahlloser Verkehr mit allen, die sich zufällig begegnen ... da fehlte wirklich nur noch ein einzelner Schritt zum Abstieg auf die «Mein Fick mit den schwedischen Zwillingen»-Schiene.
Wer das jetzt nicht verstanden hat, muss sich weiter keine Gedanken machen. Ich bin sicher, dass es einen großen und erfolgreichen Markt für die Befriedigung primitiv strukturierter männlicher Sexfantasien gibt. Es gibt bestimmt auch viele Leute, die saftig pumpende Fickgeschichten simplen Aufbaus sehr erotisch finden. Denen wird man nur schwerlich erklären können, was der Unterschied zwischen plumper direkter Stimulation und einem Kitzel zwischen den Hirnlappen ist. Dann gibt es noch die Fantasien mit sexuell aktiven Tieren, Gestalten aus Mythen, Gewaltfantasien, Fetischgeschlabber. Kennst du eine, kennst du alle. Langweiliges Zeugs, viele Übergänge zu den Fickgeschichten, die sich ohnehin nicht Erotik, sondern Porno nennen sollten. Eigentlich gibt es ja doch viele «Regeln», wie man Erotik nicht schreiben sollte, auch wenn gelegentliche Regelbrüche eine Geschichte erst würzen.
Was schreibe ich also für «Erotik»? Gute Frage. so etwas, sehr sanft. Andere Dinge, nicht sehr sanft, die aber nicht online stehen (werden). Eine Geschichte, die sanft, aber gewaltig in meinem Kopf angeschwollen ist in den letzten Tagen und vor dem Erguss in die Tasten abrupt gestoppt wurde durch die Lektüre einer banalen blöden Lochstopf-Story (manche Leute wären mit den Steckmechanismen von Lego-Steinen besser bedient). Ich muss mich erst mal neu sortieren und schauen, was es überhaupt ist, das ich schreiben will und ob ich das leisten kann. Man ist ja ohnehin nie wirklich zufrieden mit eigenen Texten, aber wenn man dann schon vorher ins Grübeln kommt, ist das nicht wirklich hilfreich
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P.S. der große Zeilenabstand zur Überschrift liegt daran, dass ich den Suchmaschinen-Metabefehl
META NAME=“ROBOTS” CONTENT=“NOINDEX, NOFOLLOW”
in diesen Eintrag reingewürgt habe und später noch einmal zusätzlich an die richtige Stelle setzen werde… obwohl ich eigentlich allen Einträgen zum Trotz so gut wie nie Sex-Referrer habe und es mir im Normalfall völlig egal ist, ob irgendwelche fehlgeleiteten Perversen hier landen, ist dieser Text sogar für mich ein bisschen zu gepfeffert mit «Ausdrücken».
Noch keine Kommentare → Und dann wurde es doch fast eine Glosse