Um 5.00 Uhr aufstehen, diverse Mails beantworten, ...


Um 5.00 Uhr aufstehen, diverse Mails beantworten, Päckchen einpacken, Sachen in die Waschmaschine stopfen. Am Bankautomaten vorbei, die frühe Öffnungszeit der Änderungsschneiderei nutzen und ein paar Jeans dort dumpen (“bitte nähen Sie kleine Stoff-Vierecke über diese Nietenknöpfe”) und dann A. abholen, dessen Z3 komplett verschrottet werden musste und der deshalb notgedrungen vorübergehend in meinem kleinen Löwen 😊 mitdieseln muss. Im Job klemmt der Projektplan für die CEBIT mich zwischen Rückerstattungsbelegen schwedischer Programmierer (?) und Schweizer Anfragen von türkischen Kollegen fest, nur die Soft- und Hardware-Oase um mich herum ist ein kleiner Trost. Der Chef hat ganz eindeutig am Freitag seinen hyperaktiven Tag und obwohl ich 15.00 Uhr als Fluchtpunkt definiert hatte, wird es dann doch Fünf.

Ab zur Änderungsschneiderei, die fertigen Sachen abholen, zum Bäcker für Kürbiskernbrot, zum Aldi fürs Grobe, zur Apotheke für Mineralstoffkapseln und Molke *yam* und zum Hypermarkt für Katzenfutter, Shampoo, ein paar himmelblaue Müslischalen und einigen Schnickschnack. Zwanzig Minuten im Schuhgeschäft reichen aus für einen neuen Fang, es war schon immer etwas einfacher, einen schlichten teuren Geschmack zu haben…. dann noch den leeren Wasserkasten gegen ein wenig Silbergeld tauschen, einen Kübel Katzenstreu auf den Rücksitz wuchten und ab nach Hause. Auspacken, umpacken, einpacken. Waschmaschine füttern, Faxe lesen, Briefe sortieren, Mails abholen. In einer Stunde kommt Oliver am Bahnhof an, wenn er was essen will, wird er eine Katze erlegen oder für sich selbst ‘ne Dose aufmachen müssen 😊 Naja. Eigentlich gibt es hier gar keine Konserven. Spaghetti mit frischem Pesto geht.

Ein ganz normaler Freitag. Wenn man Samstags ausschlafen will und dann noch mit Freunden etwas unternimmt, muss man eben organisiert sein. Mir gehts auch ganz gut damit. Aber etwas ärgert mich. Früher (in gemischten Teams, das heisst mit mehr als nur einer Frau - mir!) konnte ich das verbale Equivalent zu einem Füssestampfen loslassen und mich beschweren. Darüber, wie ungerecht das Leben doch ist, wenn Frauen zusätzlich zum Powerjob noch den Haushalt am Hals haben, während die männlichen Kollegen gemütlich nach Hause kommen, gefüttert und frisch eingekleidet werden von ihren Hausfrauchen und sich nicht die geringsten Sorgen machen müssen, woher ein gebügeltes Hemd kommen soll. Die Kolleginnen nickten dann eifrig, während die Herren scheinheilig betreten guckten. Mir ging’s dann besser, denn wenn ich gestresst war, hatte das einen Grund und war noch ungerecht vom Schicksal obendrein, jawoll!

In diesem Job habe ich das nur einmal versucht. Angetestet, sozusagen. Nur so. Es war deprimierend. Kollege Dr. M. erklärte mir, er wisse seit seinem Erziehungsurlaub nur allzu gut, was ein Haushalt bedeutet und würde diesen auch jetzt zusammen mit seiner Frau führen, zwei kindergartenalte Töchter hin und her, denn schliesslich leite diese nebenbei eine Sowieso-Abteilung bei einem pharmazeutischen Konzern und von der Familie würde niemand nah genug wohnen, um babyzusitten. Bei A. kam ich gar nicht erst dazu, meinen Satz zu beenden, denn seine Frau ist Amtsärztin und gut ausgelastet, da läuft die Arbeitsteilung automatisch. Kollege R., bei dem ich zufällig wusste, dass seine Frau mit den drei Kindern zuhause ist, konnte mir nur mitteilen, dass sie nebenbei für eine Uni programmieren würde und überhaupt habe ich dann so allmählich begriffen, dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass ich je zur dumpfen Haushälterin mutieren muss: Ich bin auf erschreckende Weise umgeben von lebenden Beispielen an Organisation, Arbeitsteilung, beruflicher Qualifikation, Gleichberechtigung und so weiter. Grmpf.

Also gut. Wie heisst es doch so schön “ich kann nicht besser klagen”. Es hat auch eine Menge Vorteile, die einzige Frau zu sein - das merke ich spätestens dann, wenn Kolleginnen mich am Mittagstisch in ein Plappergespräch der weiblichen Sorte verwickeln und ich merke, wie sich allmählich meine Fingernägel gereizt in die Tischkante krallen, denn Blablabla über Mode, über Mallorca, über Männer im flirtzielmässigen Sinne und dergleichen erweckt in mir den Wunsch, laut zu schreien. Länger als ein höfliches Viertelstündchen kann ich da nicht mithalten, sonst sage ich nur noch “hm.. hm….” und drifte in Gedanken völlig ab. Da sind die Jungs schon erholsamer und deutlich kreativer.

Apropos kreativ: Neugierig habe ich vier Wochen lang beobachtet, wie in den achtlos abgestellten Kaffeetassen und Milchkännchen grüne und gelbe und orangefarbene Gebilde wuchsen. Ist schon ziemlich geil, wie Schimmel aussehen kann. Es hat auch nur ungefähr einen Monat gedauert, bis endlich der letzte Macho-Mohikaner meinte, warum ich das denn nicht wegmachen würde und ich die Gelegenheit hatte, so richtig laut und wütend zu werden. WARUM SOLL ICH DAS WEGMACHEN? WEIL ICH EINE FRAU BIN? ICH TRINKE NICHT MAL KAFFEE UND ICH BIN HIER VON NIEMANDEM DIE PUTZFRAU!

So. Der Geschäftsführer, mein Boss, hat mir dann leider allen Wind aus den Segeln genommen und in aller Seelenruhe die ganze Kaffee-Ecke geputzt, den Schimmel entfernt und das ganze Geschirr gespült. Einer Depression nah starrte ich fassungslos stumpf auf den CD-Brenner, bis jemand auf den Gedanken kam, mich damit zu foppen, dass ich auf grossen Konferenzen ja eigentlich mal im Rock auftauchen müsse. Business dress und so.

Puah. Und ich hatte schon Angst, dass ich nichts mehr finde, um mich aufzuregen 😊

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