Nothing for Sale

Warum, so frage ich mich, e-mailt man jemandem, dessen Blog man nicht mehr lesen möchte, um der Autorin ebendies mitzuteilen?

Ich selbst klicke mich stumm weg, wenn ich nicht konsumieren mag.

Andere schreiben »Dein Produkt gefällt mir nicht mehr« in anderen Worten.

Nur ist es kein Produkt. Wenn es das wäre, hätte ich zahlende Kunden. Dann würde ich es vielleicht verstehen, wenn man mäkelt. Abgesehen davon: Ich weiß natürlich genau, wie ich hier den Regler aufdrehen kann. Könnte.

Aber ich weiß auch, dass es mir nichts bringt, wenn ich nun mal mit anderen Dingen beschäftigt bin, gegen Arbeit, mangelnde Gesundheit und andere Dämonen kämpfe und sowieso immer schon ganz andere Wünsche habe als ein Karnevalsvereinsfeeling im Blog.

Boris, der auf meiner Blogroll stände, wenn ich tatsächlich eine hätte, schreibt über Kommentare und Kantinen. Für ihn ist ein Blog leblos, wenn keiner kommentiert.

Ich dagegen, ich bin oft einfach sehr froh darüber.

Ambivalenz natürlich, denn genau so freue ich mich über Kommentare.

Ich freue mich, aber ich bin auch erleichtert, wenn sie ausbleiben. Beides.

Das passt nicht? Mag sein. Aber es ist nun mal so: Es ist schön, wenn man Feedback bekommt, aber man kann auch entspannter sein, wenn man einfach mal so vor sich hinschreiben kann hier draußen, ohne dass die Begleiterscheinungen des mal wieder frisch aufgelegten Blog-Hype hier aufschlagen.

Es gibt zum Beispiel Kommentatoren, die sich den halben Tag über auf meiner “letzte Kommentare”-Übersicht aufgehalten haben, als ich noch eine hatte. Das konnte man in der Statistik sehen, die meiste Zeit bewunderten sie ihre eigene URL in der Kommentarliste oder was weiß ich.

Seit ich sie abgeschafft habe, diese “Last Comments” (trotz des hilfreichen Tipps von Sebastian, wie das mit EE geht) und es diese Möglichkeit der improvisierten Selbstdarstellung nicht mehr gibt, kommentieren die nicht mehr. Noch Fragen?

Die hatten mich und meine Einträge sicher total lieb, und zwar nur aufgrund der inneren Werte meines Blogs. Etwas Warmes braucht der Mensch, aber ich hab so meine Zweifel, ob es so was sein muss.

Nicht gelesen zu werden kann genau richtig sein, wenn es die richtigen Falschen sind, die nicht mehr mitlesen.

Um zur Anfangsfrage zurückzukommen:

Warum, so frage ich mich, e-mailt man jemandem, dessen Blog man nicht mehr lesen möchte, um der Autorin ebendies mitzuteilen? Mir einen Blog-Eintrag zu liefern kann ja nur der ungewünschte Nebeneffekt sein, also warum?

Man hat wohl einfach nichts Sinnvolleres zu tun. Tanzkarte leer.

1 Kommentar Nothing for Sale

  1. Avatar Thinkabout 22.02.2006 um 17:54 Uhr

    Tja. Eigentlich ist es schon quälend, wenn man in einem solchen Fall sich selbst dabei ertappt, dass man sich doch irgendwie erklärt, um nicht zu sagen, rechtfertigt. Erhobene Zeigefinger oder gar Mittelfinger sind immer dort am häufigsten, wo eine gewisse Anonymität den Mut und das Rückgrat unnötig machen. Siehe Autofahren.

    Immmer wieder sollte man sich als Blogger daran erinnern: Dies ist im Grunde genommen ein Tagebuch und damit persönlich. Und mann und frau sollten sich damit trösten, dass dies in einer Weise der Fall ist, die im Grunde nicht angreifbar ist. Denn sie hat mit mir selbst und meinen Tiefen zu tun. Oder meinen Flächen.

    Und deshalb sage ich als Leser erst mal:

    Jeder einzelne Gedanke, der mir zum Teilen angeboten wird, ist ein offeriertes Geschenk. Vielleicht will ich es nicht. Dann sollte ich einfach vorbeigehen, ohne die Höflichkeit vermissen zu lassen, das Angebot anderen nicht zu vermiesen.

    Ich sage Dir hier einfach: Danke.

    Auch, dass Du (bitte) nicht aufhörst. Aber auch das ist - wie bei jeder Auswahl eines Themas, jeder Gestaltung, allein Deine Angelegenheit. Gut so und ein gutes Gefühl, ich weiss! Und Du solltest es auch nicht vergessen.

    Thinkabout

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