Gespräche beginnen mit “Hallo, wie geht’s” und setzen sich fort mit “mein Kopf tut weh das Wetter ist zu warm mir gehts ja gar nicht gut ich muss den Wagen teuer reparieren lassen bald sind meine lästigen Vorsorge Untersuchungen dran und der Hund der Nachbarn musste auch schon kotzen und dies und das und jenes ist so und so übel oder schlimm oder oder oder.” Keine schlimmen Probleme, Leukämie oder Insolvenz oder so. Nein, nur der Alltag in seinen schillernden Facetten (mal so schillernd wie Perlmutt, mal so wie Schmeißfliegenflügel).
Das ist keine Kommunikation. Das ist Dauergejammer. Und ich bin kein Mülleimer. Meine Zuhörbereitschaft (bei echten Problemen) und mein leider immer wieder sehr starkes Mitgefühl verschwende ich doch nicht auf so einen Quark, was soll das?
Meine neue Angewohnheit, solche Gesprächsanfänge einfach zu ignorieren, lässt sich auf ein spontanes “Ich geh dann mal wieder” bis hin zu einem “du, ich mag jetzt anscheinend doch nicht telefonieren” ausweiten. Aber auf Mails mit einem Kompaktgejammere und einer latenten Antwortverpflichtung kann man nur schauen und sich fragen, wie man jetzt bitte antworten soll – ebenso ausführlich zurückjammern kann die Lösung einfach nicht sein, so tief kann man in so jungen Jahren doch nicht sinken?!
Wie kommt es so weit, wann lernt man das: Dieses unheilvolle GEPLÄRRE? Wo ist wie-geht-es-dir-mir-geht-es-gut geblieben, das so eine nette Überleitung zu halbwegs normalen Gesprächen sein konnte? Wer bringt diesen vielen Leuten bei, zu quälend nervigen Nölmaschinen zu werden, die unachtsame Gesprächspartner in eine bedauernde Zuhörer-Position verfrachten, in der man dauerkotzen könnte?
Es ist wohl einfach in Mode, dieses elende Gejaule. Entweder lebt man tagein, tagaus unter einer schummrigen Wolke von Geplärre, gibt zustimmende und mitleidige Grunzgeräusche von sich und konzentriert sich in Vollzeitbeschäftigung darauf, nicht ebenso zu werden und sich auch nicht herunterziehen zu lassen. Oder man lernt endlich, dass es nicht wünschenswert ist, von jedem und jeder gemocht zu werden und dass man es überlebt, wenn Menschen sich auch mal (mit Grund!) abgelehnt fühlen.
Antwort: Du, das ist schade – aber ich kann dir da auch nicht helfen. Da musst du anscheinend durch, ganz wie im echten Leben ... Was hast du denn diese Woche noch Schönes vor?
Zweite mögliche Antwort: Das hört sich ja alles nicht so einfach an, das drückt mich richtig nieder, es macht mich völlig fertig, was du alles um die Ohren hast - ich weiß gar nicht, was ich sagen soll ... ich glaube, ich brauche jetzt erst mal ein Eis. Tschüs.
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