Es ist schon seltsam

Kommunikation online ist ja nicht nur praktisch. Sie hat auch diesen ganz gewissen Verdunstungsfaktor. Früher (“außerhalb”) ist man vielleicht tagelang herumgelaufen und hat an einem einzelnen Satz, einem bedeutungsvollen Blick schwer oder selig getragen. Ein Lächeln war noch was wert, und ein ruppiger Satz konnte gewaltig im Magen liegen.

Online aber dreht die Zeit sich viermal so schnell und alles verliert an Substanz, flacht ab und versandet im Nu. Blödes Gemotz? Drei Byte weiter der nächste Depp, denn so viel Profil haben nur die niederträchtigsten der Missgünstigen, dass man sie sich auch nur merkt zwischen den ganzen anderen Spinnern und Wichtigtuern. Schöne stimmungsvolle Mail? Man antwortet und die nächste ist schon durchschnittlich nett oder in Eile geschrieben und entwertet die erste im Nu. Das kann man nicht wirklich beeinflussen und zu diesem Spiel gehören eh mehr als die zwei Beteiligten. Es ist eine generelle Stimmung, ein sich überall einschleifender Umgang mit atmosphärischem Rauschen.

Ist das schon länger so und ich hatte nur keine Zeit dafür? Oder bin ich ein seltsames Fossil, das sich auch nach Tagen oder Wochen noch an einzelne kleine Funken Atmosphäre erinnert? An den netten Gruß im virtuellen Korridor oder den Moment, wo jemand sich öffnete oder verschloss? So schnell das Karussell sich auch drehen mag und so lustig die laute Musik auf dem virtuellen Rummelplatz auch ist ... ich merke doch trotz meiner leidenschaftlichen Affäre mit dem Cyberspace immer, da war noch was, beinahe - das wäre anders besser gewesen oder wenigstens echter.

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