Dieser Sommer meint es gut mit mir, ...


Dieser Sommer meint es gut mit mir, und das äussert sich naturgemäss darin, daß es keine Zeit für’s Web gibt. Wer mag schon bei diesem wunderbaren Wetter an seiner Homepage werkeln, wenn es Biergärten und Cafés gibt, Freunde und Bekannte und die warme Luft da draussen? Dafür ist immer noch genug Zeit im Winter. Und ohnehin habe ich sehr wenig von dem, was man wohl “freie Zeit” nennt…. Trotzdem gibt es einen neuen Eintrag hier, bevor ich wieder zuviele Dinge vergesse. “Du hast Dinge in ein paar Tagen vergessen, damit würden andere Leute noch Jahre später ihrem Bekanntenkreis auf die Nüsse gehen” sagte eine ehemalige Kollegin zu mir, die mich erst im Radio gehört hatte und dann einen Artikel von mir gefunden hatte - mich aber erst mit Details zukleistern musste, damit ich mich überhaupt noch daran erinnerte, wovon sie gerade sprach.

Na, ich denke, es ist wahrscheinlich das mit zunehmendem Alter schwächer werdende Gedächtnis *grins* obwohl ich zu den junggebliebenen 33jährigen zu gehören scheine in dieser dynamischen und dynamisch nach Äusserlichkeiten ausgerichteten Gesellschaft. Oder ist es etwa, weil soviele Dinge passieren, fast täglich etwas Neues am Horizont auftaucht, nach mir greift, mit mir tanzt und in einem wirbelnden Strudel anderer Ereignisse wieder verschwindet? Da verlieren manche Dinge an Eindruck, was sie nicht unwichtiger macht, nur eben nicht so furchtbar wichtig - keine Zeit 😊 Dieser Sommer ist wie ein lateinamerikanischer Tanz zu mir, und ausruhen kann ich im Winter immer noch.

Seit ein paar Tagen sitze ich nun an meinem neuen Arbeitsplatz und man droht mir bereits mit anderen Aufgabengebieten - auf diesem Karussel muss ich anscheinend immer auf dem Feuerwehrauto sitzen, egal wie oft ich die bunte Schnecke mit dem runden Sattel anpeile, auf der sich doch sicher auch gemütliche Runden fahren lassen würden. Nebenbei fragt man mich “Willst Du für uns schreiben?” und wie kann man Nein sagen, wenn sich Träume erfüllen. Die Zeit rinnt durch meine Finger. Ich stehe um 5.30 Uhr auf, um vor dem Ritt auf der Leiter des Feuerwehrautos noch zu schreiben, und sitze abends wieder vor dem 17” Fenster zur Welt, weil es zu verlockend ist, ein Doppelleben zu führen. Arbeitstechnisch, versteht sich :o)

Nebenbei finde ich dann unerklärlicherweise noch Zeit, um Dinge zu tun, die mich selbst in meinen eigenen Augen als eine besessene Irre erscheinen lassen. Bei über 30 Grad in ein Fitness-Studio rennen, dessen Trainingssaal unter dem Dach liegt, beispielsweise. Von einem fast fertiggestellten Manuskript von 490 Seiten gute 380 zu löschen, weil sich der Angelpunkt der Story in meinem Kopf geändert hat. An einem brütendheissen Tag in den Sommerschlussverkauf gehen und frisch mit Schreiben verdientes “Extrageld” *g* in verdammt viele Klamotten investieren - früher hat mich das nie interessiert, aber jetzt brauche ich am neuen Arbeitsplatz halt Röcke und Blusen und zwar nicht irgendwelche Lappen.

Und ich habe eine neue Vokabel gelernt, von einer resoluten Verkäuferin: Presswurst. Sie bezeichnet so jene Damen, die sich erbittert an einer Kleidergrösse festhalten und sich beispielsweise in eine 42 quetschen, nur weil sie ein Etikett mit einer höheren Zahl nicht ertragen. Was habe ich gelacht. OK, von solchen Überlegungen bin ich recht weit entfernt - ich bin über 1,80m gross, eine schwere Frau mit “grossem Auftritt” 😊 wenn auch mit eher kleinen Füssen *ggg* und habe schon immer gekauft, was gut sass, egal was im Etikett auch immer stand, was sollte ich auch sonst wohl tun? 😊)

Aber Presswurst trifft es einfach so gut, mir sind spontan einige Damen, meist eher kleinere eingefallen, die so herumlaufen und sich ausdauernd modetechnisch disqualifizieren. Es muss schlimmer sein, sehr klein und ‘mollig’ zu sein, denn bei grossen dicken Frauen habe ich auch diese verbale Selbstverstümmelung nie erlebt, die vorauseilende Eigendemütigung und verkrampfte Witze über das eigene Gewicht, die Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen soll. Wie weh muss es in einer Seele tun, die sich selbst beleidigt, damit andere es nicht tun - die sich nicht eingestehen kann, daß die Hüften längst auseinandergegangen sind und der Hintern in eine andere Grösse gehört, weil das so weh tut, keine schlanke jugendliche Schönheit zu sein, sondern eine ganz normale, durchschnittliche Frau und nichts mehr, kein bisschen mehr als das. Als hätte jeder das Zeug dazu, etwas ganz besonderes zu sein, und sei es nur optisch, haha, weil das bei manchen Menschen eben das Wichtigste ist. Unsere Gesellschaft ist schon irgendwie krank.

Auch unter anderen Aspekten, wohlgemerkt. Ich kenne zum Beispiel nur Leute, die viel zuviel zu tun haben - und solche, die rein gar nicht beschäftigt zu sein scheinen. Es ist sehr erholsam für mich, einfach mal ein paar Sätze in dieses Diary zu plappern, als sässe ein/e flüchtige/r Bekannter gegenüber und nicht eine anonyme Masse aus einigen tausend Lesern jede Woche (eine Masse, aus der sich das eine oder andere Gesicht herauskristallisiert, klar), aber ich frag mich schon gerade jetzt in diesem Moment, ob Du nichts besseres zu tun hast? Hey, komm im Winter wieder - geh raus in die warme Luft, lieben und leben und den Sommer trinken, das ist ein Befehl! 😊

Und ich, ich schreibe jetzt weiter. Nicht fürs Web, aber etwas anderes, auch nicht gerade unspannendes. Ein andermal werdet Ihr wissen, was das wird. Aber nicht jetzt - sonst äfft es wieder ein Äffchen nach, gell? 😉 Bye!

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