Da war noch was, dear Diary.

Am Samstagabend traf ich dann noch diese Frau, die sich die Mühe machte, sich näher zu mir heran zu setzen, als sie mich mit meinem Mann Händchen halten sah. Nicht, weil wir so aussahen, als würden wir gerne zu dritt kuscheln. Sondern um mir detailliert zu berichten, dass sie früher mit ihrem Ehemann auch so innig und zärtlich gewesen sei und dass er sie trotzdem nach neunzehn Jahren völlig überraschend für eine andere verlassen habe.

Wenn ich detailliert schreibe, meine ich auch genau das: Mit sehr viel Mühe und Einzelheiten, sie rückte näher und näher, um mir zu beweisen, dass sie mindestens genau so, wenn nicht noch schöner verheiratet war und es dann doch kaputtging, so wie es jedem passieren könne. Eine Hand auf meinem Arm, um meine Konzentration zu sich heranzuzwingen, was nicht so gut klappte. Ihre Tirade wiederholte sie drei-, vier-, oder fünfmal, ich weiß nicht so genau. Ich beobachtete lieber Oliver, dessen grüne Augen so herrlich unbeteiligt tiefschwarz sein können, während bei mir mal wieder eine in den Weiten der Welt verlorene verbitterte Psychopathin andockt, als ob ich was dafür könnte.

Konnte ich aber ganz sicher nicht, womit sollte ich das auch ausgelöst haben, durch einfaches Vorhandensein? Die Dame fand wohl einfach, man müsse mir sagen, dass ich besser nicht so glücklich sein soll, weil ja immer die Gefahr besteht, dass es nicht für immer hält.

Es war ihr sehr wichtig: Ich sollte begreifen, dass es mir jederzeit auch passieren kann. Menschen sind schon seltsam, mit ihren Vergleichen und dem dummen Gehack, das nichts verbessern kann und anderen die Aura zerkratzen soll, sonst nichts.

Ich lächelte, das weiß ich noch. Einerseits meinen Liebsten an und andererseits wahrscheinlich dankbar – weil sie wenigstens kein Internet hatte, weder bloggt noch ein Buch schreibt oder beides und auch nicht wollte, dass ich bei ihr Zuhause den DSL-Anschluss installiere wie ihre Bekannte beim Mal davor. Für voll nehmen kann ich Menschen leider nicht, die sich zu anderen setzen, um ihnen zu versichern, dass sie auch kein Glück haben werden ... mich wundert es gar nicht, dass jemand alleine ist, der so negativ ist. Ich bin positiv. Und dass sie »für eine Freundin nach einer Chemo-Therapie« gerne wissen wollte, wo im Internet man japanische Schamhaar-Toupets kauft, das ist mir zufällig schon längst wieder entfallen, so dass ich mich darum nicht kümmern muss.

(Nein, nichts davon ist ausgedacht.)

4 Kommentare Da war noch was, dear Diary.

  1. Avatar Marc 14.03.2005 um 16:40 Uhr

    Hat Dein Mann einen Bart wie Steven Spielberg (ich find grad keinen besseren Vergleich)? So jemand sieht (nach Erfahrungesn eines Freundes mit so einem Bart) für einige aus wie der typische Sozialarbeiter, der keinen wegschickt.

    Ich habe irgendwann beschlossen, wenn mir eine Situation zu blöde oder zu unangenehm wird einfach zu gehen. Argumentativ bekommt man diese Leute nicht in Griff, und die höfliche Abfuhr ignorieren sie. Zwar hat man dann in deren Augen “verloren”, aber was interessiert mich deren Urteil über mich?

  2. Avatar Melody 14.03.2005 um 16:43 Uhr

    Nein. Mein Mann sieht nicht aus wie ein Sozialarbeiter. Aber schön, dass die bizarren Vorfälle sich immer weiter fortsetzen 😉

    Es war ein Abendessen (also eine Einladung) und sie sass an der Tafel neben mir, da habe ich sie dann bis zum Ende hin plappern lassen.

    Außerdem textet niemand Oliver zu, sondern die Irren suchen sich immer mich aus 😊

  3. Avatar frau g. 14.03.2005 um 19:46 Uhr

    Oliver textet niemand zu weil er die Leute einfach wegschweigt. Das können leider irgendwie nur Norddeutsche. Muss in den Genen liegen. Wenn ich schweige labern die Bescheuerten nämlich trotzdem weiter…*seufz* 😉

    Ansonsten sehr schön, die Sache mit den Schamhaartoupets. Ich wusste nichtmal, dass es sowas gibt.

  4. Avatar VolkerK 15.03.2005 um 10:55 Uhr

    Wenn nach 19 Jahren ganz plötzlich und unerwartet der Mann/die Frau zu einer/einem anderen läuft dann lief da was schief. Vermutlich schon länger. Wahrscheinlich lange genug, dass neben Gras schon ein ganzer Wald darüber gewachsen war und sich keiner mehr dran erinnert hat.

    Bis dann der andere Mann/die andere Frau einen Schlüsselreiz ausgelöst hat: Das richtige Wort im falschen Moment.

    Immerhin weiss sie wo er ist, ich kann mich da an einen fall aus Mettmann erinnern, wo ein Bankfilialleiter tatsächlich abends zum Zigarettenholen gegangen ist. Vermisstenanzeige - da fiel auf, dass er in der Bank ganz normal zur Arbeit erschienen war.

    In seinem Fall war es nichtmal eine andere Frau, er war schlicht ins Hotel gegangen und hatte sich dann eine Wohnung gesucht.

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