Mehr Glaubenskriege, andere Baustelle

Beiläufig erwähne ich, dass in der neuen Wohnung nicht mehr geraucht werden wird, wenn wir sie saniert haben. Betont beiläufig sogar, denn im Grund wird auch im jetzigen Wohnungsdrittel nicht geraucht, nur hält unser Gast B. sich nicht daran. Sie hat vor einigen Wochen zwar offiziell verkündet, mit dem Rauchen nun aufgehört zu haben und konsumiert seitdem immer nur eine Zigarette hier und da »weil es mir besser geht damit«, leider eben in unserer Küche und ohne auf die Bitte zu hören, es doch nun zu lassen.

Es sei ja nur ein Zigarettchen, erklärt sie dann und drückt die Fluppe einfach in der Spüle aus. Wir haben noch keinen Balkon und während andere Besucher auf den Flur bzw. mal kurz ins Treppenhaus ans Innenhoffenster gehen, hat B. es eben gerne nett. In unserer Küche ist es zweifellos nett. Eigentlich ein guter Grund mehr, sie nicht zu verräuchern.

In der neuen Wohnung wird also nicht mehr geraucht. Obwohl das Thema nicht neu ist und auch schon für diese Räume gilt, wenn man unsere Wünsche denn respektiert hätte, wird B. nun wütend. Es ist die Art von dunkelrotblinder Wut, die Türen im zwischenmenschlichen Bereich zufallen lässt, denn sie rastet ziemlich heftig aus und teilt mir mit, sie würde sich nichts verbieten lassen. Huh.

Ich antworte also schön sachlich, dass ihr niemand etwas verbietet, wir entscheiden nur für unsere Räume, dass dort nicht mehr geraucht wird, und zwar gar nicht mehr, zukünftig auch nicht mehr das vereinzelte Zigarettchen in der Küche.

Mir ist bekannt, dass B. in ihrer eigenen Wohnung selbstverständlich nicht raucht, sondern auf den Balkon geht und das auch von Partner und Gästen erwartet. In unserer Küche sieht sie das leider nicht so eng.

Unser neuer Balkon wiederum ist klein und hübsch und hat bereits ein neues Glasdach bekommen, damit man dort bei jedem Wetter gemütlich sitzend auslüften kann. Auslüften, nicht rauchen. Er wird nämlich zum Schlafzimmer gehören und mir missfällt der Gedanke sehr, dann tote Asche und dreckige Aschenbecher dort stehen zu haben, plus Leute, die durch unsere sehr privaten Räume stapfen, um sich die Lungen zu verpesten. Man könnte auch sagen, dass ich es eigentlich bevorzuge, wenn unsere ganze Wohnung rauch(er)frei ist. Inklusive Balkon.

Daraufhin flippt B. nun völlig weg und ich darf erstaunt feststellen, dass sie sich in ihren Rechten beschnitten fühlt, wenn sie unseren Balkon nicht zum Rauchen nutzen kann, ganz so wie es ihr gefällt. Dazu schweige ich einfach mal, in der Annahme, dass ich es selbst entscheiden kann, ob ich den Balkon meines Schlafzimmers als Raucherzone freigebe.

Es sieht allerdings so aus, als würde B. das anders sehen.

Sie ist der Meinung, dass es ihr gutes Recht ist, sich zum Rauchen auf den Balkon zu stellen, wenn es einen Balkon gibt und dass nicht ich das zu entscheiden habe, wenn ich ihr schon in der Wohnung das Qualmen untersage. Den Hinweis, dass es sich nicht um einen ans Wohnzimmer angehängten Balkon handelt, sondern um einen Rückzugsort, der zum privaten Schlafzimmer gehört, lässt sie nicht gelten. B. tobt vor Wut und ist der Meinung, dass man ihr etwas wegnehmen will, das ihr zusteht.

Mir kommt das nicht sehr logisch vor, es ist doch gar nicht B.s Balkon …

Zum ersten Mal in meinem Leben stehe ich mitten in der militanten Nichtraucherecke, obwohl ich einfach nur meinen eigenen Wohnraum und meine ächzenden Bronchien vor dem Lungendreck anderer Menschen schützen möchte.

In diesem Gespräch bin plötzlich ich Die Böse.

Das ist schon OK, denn ich war viel zu oft viel zu lieb und nett in den letzten Jahren, was solche Themen und manche Menschen angeht. Auch solchen Geisteshaltungen gegenüber war ich leider früher viel zu geduldig. Hätte B. mir zum Beispiel nicht in diesem aggressiven Tonfall mitgeteilt, dass ihr ja wohl das Recht zusteht, unseren Balkon aller Privatheit zum Trotz ganz nach ihrem Ermessen zu benutzen, wäre ich wahrscheinlich gar nicht auf den Gedanken gekommen, ihn raucherfrei zu halten. Mit solchen Anspruchshaltungen konfrontiert sieht das schon wieder anders aus.

Ist eigentlich ganz nett hier in der militanten Nichtraucherecke. Schön saubere Luft - und die muss ja niemand einatmen, der das nicht will.

26 Kommentare Mehr Glaubenskriege, andere Baustelle

  1. Avatar Petra 05.06.2007 um 12:29 Uhr

    Das ist ja wohl unglaublich! IHR habt Hausrecht, und da fragt man untertänigst, ob man rauchen dürfe, und wenn das nicht erwünscht ist, dann gibt es auch nicht “nur ein Zigarettchen”. Halloooo? Was ist das denn. Meine Kinder haben eine unfeine Bezeichnung für solche Ignoranten, sie nennen sie schlicht “dreiste Sau” 😉 Ich hätte ihr das Zigarettchen vermutlich entrissen und entsorgt (wäre nicht das erste Mal allerdings war das in einer S-Bahn).

    Wieso, frage ich das Universum, wieso gibt es immer Menschen, die meinen, Regeln gelten immer nur für andere und nicht für sie, und die allen anderen ihren Willen aufzwingen wollen.

    Aaaargghh!

    Du siehst das Thema regt mich leicht *g* auf. Und das, obwohl (oder weil?) ich auch mal geraucht habe. Sowas wäre mir echt nicht in den Sinn gekommen.

  2. Avatar melody 05.06.2007 um 13:20 Uhr

    Mich regt es (noch) nicht so auf, ich überlege vielmehr, was diese Grenzüberschreitungen auslöst und wie ich dafür sorgen kann, sie gar nicht erst verhindern zu müssen.

  3. Avatar Thomas J. 05.06.2007 um 13:20 Uhr

    Das ist der Nachteil an uns netten Menschen: Wenn wir dann mal auf etwas bestehen, auch wenn es dem Gegenüber gar nicht passt, versteht man uns gar nicht mehr (ich kenne das aus eigener Erfahrung).

    Wären wir von vorneherein etwas ekeliger drauf, würde die anderen die Konsequenz in der strittigen Frage überhaupt nicht stören (sie würden gar in vorauseilendem Gehorsam gar nicht erst auf die Idee kommen, das Unerwünschte tun zu wollen).

    Doch es ist gut und richtig, sich in keinem Fall die “Butter vom Brot nehmen” zu lassen. Den Charakter verdirbt das nicht, die Verluste verschwinden, doch der Gewinn hinterher ist umso größer (einmal ein- und wieder ausatmen, dann spürt man es 😊

    PS & OT: Ich funke wieder 😉

  4. Avatar Tina 05.06.2007 um 13:29 Uhr

    Wow, das nenn ich ... ja, wie eigentlich? Dreistigkeit und eine merkwürdige Ver(w)irrung kämen wohl noch am nächsten. Ich rauche ja auch, aber niiiiiemals käme ich auf die Idee, bei jemandem in der Wohnung zu rauchen, ohne zu fragen. Wahrscheinlich würde ich nichtmal fragen, sondern einfach dazu rausgehen. Und sicher nicht durch das Schlafzimmer ... Gibt’s denn das wirklich? Und sie hält ihre eigene Wohnung rauchfrei? Gibt’s doch wirklich nicht ...

    Klingt irgendwie so unwahrscheinlich, dass man vermuten könnte, dass da eigentlich was anderes hintersteckt - das kann doch so nicht sein!?

    Aber dass man ruckzuck die Böse, Zickige ist - das kommt mir bekannt vor. Ne Schande, das.

    Ne Gute, Selbstbestimmte bist du, die nur Selbstverständliches anspricht ...

    Ich hoffe, ihr kommt da rauchfrei und “trotzdem” befreundet raus.

  5. Avatar Wapiti 05.06.2007 um 14:21 Uhr

    Ich glaub es nicht! *kopfschüttel*

    Ja, ich bin Raucher, und ich freue mich immer, wenn ich zum Rauchen nicht raus muss, denn ich bin ein bequemer Mensch und habs natürlich auch gern nett - aber ich rauche doch nicht in einer fremden Wohnung, wenn das von den dort lebenden Personen nicht gewünscht wird!

    ... und nun sehe ich mich bei meinem nächsten Besuch schon dauernd Treppen steigen… und das mit meiner Raucherlunge… das wird hart 😉)))

    Liebe Grüßle,

    Wapiti

  6. Avatar samulli 05.06.2007 um 16:55 Uhr

    Hi, hi, dummdreister geht es echt nicht mehr. Was kennst du auch nur immer für Leute? *kopfschüttel*

    Also ich bin auch Raucher, aber sowas würde ich mir bei niemandem erlauben und auch von niemandem gefallen lassen.

    Ich hoffe, du hast ihr die Tür gezeigt. Oder sie wahlweise vom Balkon geschubst… (schon gut, war ja nur ein Vorschlag LOL).

  7. Avatar Frau G. 05.06.2007 um 17:14 Uhr

    Ehrlichgesagt weiss ich gar nicht ob ich mit jemandem bekannt oder befreundet sein möchte der sich so aufführt. Ist ja gruselig soviel Merkbefreitheit.

    Ich kenne auch zwei, drei millitante Raucher und die habe ich längst entsorgt. Wer mich zwischen jedem Gang im Restaurant zuqualmt, weil man dort rauchen darf muss leider ohne mich essen gehen.

  8. Avatar Angel 05.06.2007 um 17:21 Uhr

    Niedlich.

    Ohne die Vorgeschichte und das Drumrum zu kennen: Die Dame klingt nach abhaken. Das Leben ist zu kurz um sich mit Ignoranten abzugeben.

  9. Avatar melody 05.06.2007 um 17:23 Uhr

    Wenn das eine rein private Bekanntschaft wäre, wäre das keine private Bekanntschaft, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber es gibt eben so Umstände im Leben ...

  10. Avatar Tina 05.06.2007 um 17:29 Uhr

    Uiuiui, Nichtrauchern die Freundschaft deswegen kündigen zu wollen, find ich ja auch heftig. Man kann doch über alles reden. Normalerweise. Is doch so? 😉

  11. Avatar melody 05.06.2007 um 17:35 Uhr

    Tina: Wenn solch eine Bekanntschaft endet, dann ist das ja nicht wegen dem Rauchen so. Sondern wegen dem Drumherum/Benehmen. Ich bin alles andere als militant (gewesen bisher), bei uns hat jeder Gast auch rauchen können (bisher), aber wenn ich dann so angekeift werde ... hat das auch mal Konsequenzen. Soll heißen, wenn sie mal ausflippt, meinetwegen. Wird das aber ein Dauerbrenner und ich soll das mehrfach diskutieren, habe ich evtl. einfach mal genug.

  12. Avatar Tina 05.06.2007 um 17:35 Uhr

    Ähem, andersrum wird ein Schuh draus: “Rauchern” mein ich natürlich. Aber auch mal ne Idee: Ich sprech einfach nicht mehr mit Nichtrauchern. Höchstens mit welchen mit Attest. 😉

  13. Avatar Nicole 05.06.2007 um 17:37 Uhr

    Diese Geschichte ist ja wohl der Gipfel! Gahts no?

    Ich muss immer wieder den Kopf schütteln, wenn sich RaucherInnen darüber auslassen, dass sie DISKRIMINIERT werden. (ja, genau so laut wird das herausgebrüllt.)Wenn die sich mit ihrer Qualmerei umbringen wollen, bitte, ich hab ja wohl ein Anrecht auf saubere Luft.

  14. Avatar melody 05.06.2007 um 17:56 Uhr

    Tina: Mit Attest ... da wir uns ja schon in einer Raucherecke gegenüberstanden und du meinen Gesundheitszustand näher kennst, nehme ich an, ich bin befreit? ;-D

  15. Avatar limone 05.06.2007 um 18:48 Uhr

    hallo?

    wenn man schon in der eigenen wohnung nicht bestimmen kann, ob geraucht wird oder nicht, wo denn dann?

    ich würde jeden, der sich daran nicht hält, schon aus selbstschutz sofort hochkantig rauswerfen, denn jede zigarette in der nähe garantiert mir umgehenden heftigen reizhusten innerhalb von minuten… (früher, als ich den husten noch nicht hatte, war ich rauch-toleranter bzw. es war mir egal, was aber in nachhinein keine gute idee war.)

  16. Avatar Tina 05.06.2007 um 22:35 Uhr

    Oh, ein Missverständnis - ich bezog mich in meinem Kommentar auf das “Entsorgen” von Freunden bei Frau G.:

    “Ich kenne auch zwei, drei millitante Raucher und die habe ich längst entsorgt. Wer mich zwischen jedem Gang im Restaurant zuqualmt, weil man dort rauchen darf muss leider ohne mich essen gehen.”

    In Sachen B. bin ich ganz bei dir, absolut, ist ein totales No-Go. Das ist so krass, dass da irgendwie nochwas hinter stecken muss. (Ja, Psychologie war mein Nebenfach ... 😉)

    Und natürlich bist du “befreit”. Das Attest war ein Versuch der eleganten Umschreibung deiner und anderer Gesundheitszustände. 😊 Und ich hoffe, ich stand mit Fluppe nicht zu nah - normalerweise achte ich schon auf sowas ...

  17. Avatar creezy 06.06.2007 um 01:30 Uhr

    Gut, ich gehöre zu den entspannten Nichtrauchern und obwohl ich niemandem verbiete bei mir zu rauchen, gehen eh alle verständnisvoller Weise auf den Balkon. Nun würde ich ihnen den auch nicht nehmen, denn irgendwie sind auch meine rauchenden Freunde für mich wichtige Menschen, die sich wohl fühlen sollen, wenn sie bei mir sind: als Gast.

    Dennoch, wäre ich da anders drauf und würde bei mir nicht geraucht werden, würde es da wohl auch keine Diskussion von anderer Seite kommen, komische Sache, die da zwischen Euch …

  18. Avatar Martina 06.06.2007 um 09:42 Uhr

    Weia, kennst du merkwürdige Menschen. Wieso darf die in deiner Küche rumstehen?

    Und sich so benehmen? Bizarr.

    Als ehemalige Raucherin bin ich keine militante Nichtraucherin geworden, bei uns im Wohnzimmer darf nach wie vor geraucht werden, aber: Vielqualmer werden gebeten den Balkon zu nutzen.

    Zu der Zeit, als ich noch selbst rauchte, habe ich IMMER gefragt, ob und wo ich bei meinen Gastgebern rauchen durfte. Die Antworten wurden selbstverständlich respektiert, andere Verhaltensweisen gehören einfach in die Tonne.

  19. Avatar melody 06.06.2007 um 12:16 Uhr

    Tina Deluxe 😊 klar steckt mehr dahinter, wenn man jemanden als gleichberechtigt behandelt (ich), obwohl man eigentlich das Sagen hat (ich), die andere Person das aber nicht zu schätzen weiß, sondern sogar auf- und übertrumpfen will. Falsche Ausgangsposition (sie).

    Schnipseltina: Ja, das wird dann wohl auch so kommen.

    Creezy: Mir geht es momentan so, dass sich mir die Bronchien krampfhaft zusammenziehen, wenn ich auch nur in kalten Rauch gerate - auch auf fast wintergartenähnlichen” Balkons (den wir selbst ja noch gar nicht haben). Glücklicherweise raucht fast niemand in unserem Bekanntenkreis, fast alle haben längst aufgehört. Nicht wegen mir *ggg*

    Bei uns konnte über Jahrzehnte immer jeder rauchen, aber ähnlich wie Liv/Limone glaube ich inzwischen, dass das vielleicht gar nicht gut war.

    Martina: Wenn es nicht bizarr wäre, ergäbe es ja keinen Blogeintrag

    😊)))

  20. Avatar Smake 09.06.2007 um 17:30 Uhr

    Hallo Melody,

    lese schon seit längerem in Deinem Blogg mit aber jetzt bin ich zum erstenmal so “sprachlos” dass ich nicht an mich halten kann 😉

    Dass ist ja wohl der Obergipfel, die eigene Wohnung schön sauber halten, die der anderen zumüllen und dass auch noch für völlig selbstverständlich halten -  ich rauche, also darf ich.

    Leute gibts ... schade, dass die dann meistens zur Gattung engere Verwandtschaft oder beruflich unverzichtbar gehören, so dass man ihnen schwer die Tür weisen kann ;-(

    LG

    Smake

  21. Avatar SnapHappy 13.06.2007 um 23:53 Uhr

    Entschuldigung, aber ich krieg mich grad vor Lachen nicht mehr ein.  Manche Leute schaffen es einfach nicht über ihren Hutrand hinauszusehen. Und manche schaffen es nicht mal bis zum Hutrand zu gucken.  Musste mir gerade heute auch einen entfernt ähnlichen Ärger von der Seele schreiben. Es lebe der/das Blog, dann hat man wenigstens in ein paar Jahren wenn man es nachliest einen Lachflash.

    Gut, dass sich das “B”-Thema von selber erledigt hat. Lustig, mein Ärger hat auch ein “B”, ob das was mit dem Buchstaben zu tun hat? 😉

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