Zum Mitnehmen

Geben ist seliger denn Nehmen, und so habe ich mich von den offenen Bücherkisten in WGs und ein paar Freunden mit ihrer Gemüsekiste zum Mitnehmen inspirieren lassen und bei uns auch eine Mitnehmkiste hingestellt, in die ich alles Kleinzeug einräume, das ich beim Entrümpeln rausfliegen lasse. Anfangs habe ich gedacht, dass ich die Überreste dann irgendwann doch in den Müll stecken würde, aber so langsam kristallisiert sich heraus, dass die Kiste sich doch immer wieder leert,  während ich weiter ausrümpele und sie nachfülle. Vielleicht knipse ich sie nachher noch mal fürs Blog, wenn ich sie wieder mal aufgefüllt habe. 

Psychologisch betrachtet ist es ein hochinteressantes Experiment. Anders als bei unseren Freunden mit ihrer Gemüsekiste gibt es ja keine Fremden, die an der Kiste vorbeikommen und sie steht auch nicht fern an einem Gartengatter, also nähern die Menschen sich ihr sehr vorsichtig. Einige Male habe ich schon still vor mich hin gegrinst, weil jemand fragte »darf ich mir das nehmen?« und dann nach meinen Beteuerungen, das sei alles einfach so zum Mitnehmen - schnell noch mehrere Teile einsackte, wenn er/sie dachte, ich würde nicht richtig hinsehen. Lustig.

Andere stellen sich vor die Kiste und beginnen zu argumentieren, warum das doch eigentlich Sachen sind, die ich noch gut brauchen könne. Mancher betont, er habe alles, was er so braucht und schielt dann doch mal an der Kiste vorbei, was so drin ist. Oder sie hinterfragen, wollen immer wieder genau wissen, was das soll. Wer dreimal da war seit Eröffnung der Kiste, geht auch schon mal einfach dran vorbei und sucht sich was raus. So ist das ja auch gedacht.  Bücher, selbst die allergruseligsten, verlassen die Kiste immer zuerst.

Die Mitnehmkiste macht Spaß, ich werde sie weiter beibehalten, wenn ich mit allen Schränken durch bin, dann landen dort jene Bücher, die ich nicht ins Regal stellen will. Es gibt auch einige Gäste, die sie einfach ganz normal so nutzen wie angedacht. Es funktioniert.

Nicht mitgenommen wurden drei Teddybären, die ich Verlaufe der Entseuchung aus irgendeiner Truhe zog, in welche sie aus gutem Grund versenkt worden waren. Ein weißer im Frack mit Zylinder war größer als beide Katzen zusammen. Familie Exilbär saß relativ lange oben auf dem Hausrat in der Mitnehmkiste, dann kam der Sperrmüll. Natürlich ‘darf’ man keine Teddybären in den Sperrmüll stecken, aber das muss man ja auch gar nicht. Man setzt sie ordentlich auf eine Plastiktüte direkt daneben und schon fahren Leute mit dem Kombi um die Ecke und stürzen sich wie Aasgeier darauf, noch bevor man die Tür hinter sich ins Schloss gezogen hat.

Das ist faszinierend und ein wenig abstoßend, aber besser als aufwändige Adoptionsverfahren für überzählige Stofftiere (und funktioniert auch mit Fußbadewannen).

8 Kommentare Zum Mitnehmen

  1. Avatar Sebastian 30.01.2006 um 13:57 Uhr

    Hey, ich will da auch mal vorbeilaufen *grummel*

    Gibts sowas nicht auch fürs Internetz? So eine Mitnahmekiste? Und man muss dir dann quasi nur noch einen Freiumschlag zukommen lassen? 😉

  2. Avatar annette 30.01.2006 um 14:33 Uhr

    coole idee! wir haben für ausrangierte plüschtiere übrigens eine hervorragende verwendungsmöglichkeit: der hier wohnhafte terrier darf sie zuerst totschütteln und dann ausweiden, bevor wir sie dann zerfetzt in die restmülltonne geben 😊

  3. Avatar melody 30.01.2006 um 14:59 Uhr

    Sebastian: Doch, das gibt es auch. Schau mal unter http://www.freecycle.org vorbei 😊

    Annette: An dem glitzerigen weißen Bären hätte er sich nur den Magen verderben können, deine witzige Rübennase. Außerdem lesen hier einige eingefleischte Teddybären-Fans mit, hüstel. “Ausweiden” *g*

  4. Avatar limone 31.01.2006 um 17:42 Uhr

    wg. teddybärenfans: genau. ich sehe schreckliche bilder vor meinem geistigen auge… leider muss ich von neu-adoptionen absehen, sonst hätte mich der eisbär auch interessiert, ich suche noch neue zuhause für überzählige bärlein. aber den hunden vorwerfen? nie, nie, nie!

  5. Avatar annette 01.02.2006 um 15:32 Uhr

    liebe limone, ganz so schlimm sehen die plüschies eigentlich nicht aus nach der behandlung durch den terrier. sie sind in erster linie zärtlich zerkaut und belutscht. das mit dem ausweiden war etwas übertrieben, zugegeben. sobald sich das erste löchlein im plüschfell zeigt, wird das tier nämlich konfisziert, da ich vermeiden möchte, dass sich die füllwatte entweder hier in der wohnung verteilt oder in den magen des terriers wandert. das wäre sehr ungesund. eine plüschmaus übrigens hat er bislang noch nicht kaputtgekriegt. die liebt er sehr. so: http://www.elearningtextundco.de/blog/pivot/entry.php?id=118

    behandelt er plüschtiere jedenfalls nicht 😉

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