Telefonterror kann so viele Facetten haben. Leute ...


Telefonterror kann so viele Facetten haben. Leute beispielsweise, die einen stundenlang entrüstet zuquatschen, weil man sein Handy nie anhat - ich hab’s aber vorher gesagt, ich sag das immer: Das Handy ist für mich. Wenn ich unterwegs bin und es brauche, um den ADAC zu rufen und ähnliches. Abgesehen davon, dass das einfach meine persönliche und selbst erschaffene Handy-Situation ist, die auch so bleibt, weil sie mir gefällt .... finde ich nämlich ununterbrochene Erreichbarkeit und die Mentalität des Dauerlaberns per Minihandy absolut prollig. Man kann das gerne das “Managersyndrom” nennen, aber es bleibt dabei: Die Dauertelefonanisten sind nur seltenst in leitenden Positionen zu finden, und sie nerven. Mangelnde Telefonkultur 😊

Sehr nervtötend ist auch die Angewohnheit mancher Leute, hier anzurufen und durchklingeln zu lassen - um direkt danach noch mal anzurufen, um durchklingeln zu lassen…. um direkt danach nochmal anzurufen, um durchklingeln zu lassen…. Bis irgendwann jemand endlich abnimmt. Da es in einem Zwei-Zimmer-Häuschen praktisch unmöglich ist, das Telefon spätestens beim zweiten Mal nicht rechtzeitig zu erreichen, gibt es IMMER einen guten Grund, warum man den Hörer nicht abnimmt. Entweder sitzt man gerade auf dem Klo fest 😊 oder man ist gar nicht da oder man spricht auf der anderen Leitung und gibt dem alltäglichen Irrsinn der Stereotelefonie nicht nach. Oder man kann und will schlicht und einfach gerade nicht telefonieren. Da klingelt und klingelt und klingelt also so ein sogenannter Mitmensch konsequent so lange durch, bis man entweder nach Hause kommt oder komplett entnervt der Nötigung nachgibt und findet das auch noch völlig normal. Dafür gibt es so einige wirklich passende Bezeichnungen, und die fallen mir auch alle jeweils auf Anhieb ein. Da es sich aber im deutschen Kulturkreis eingebürgert hat, dass man Schwiegermütter, eigene Mütter und langjährige Bekannte nicht gleich zur Begrüssung anbrüllt und beleidigt, von Kunden ganz zu schweigen - verkneift man sich gezwungenermassen einen Kommentar. Aber erfreut ist man dann über so einen Anruf nicht wirklich.

Stöhnanrufe kann ich nicht als Telefonterror betrachten, für mich haben die hohen Unterhaltungswert. Wenn jemand heiser ins Telefon flüstert “Sag mir, was Du anhast, dann kann ich’s Dir besorgen….”, dann sage ich “Moment, ich hol mir erst einen Kaffee. Einen Frottee-Morgenmantel hab ich an, warum fragst Du? Übrigens, ich finde es klasse, dass es sowas wie die Telefonseelsorge gibt. Für Männer mit einem ganz kleinen Penis, die so gut wie keine Frauen kennen, ist das doch eine feine Sache.” Komisch, aber meistens höre ich dann nur noch ein Klicken. Allerdings erkenne ich auch jene, die sich daran aufgeilen, wenn jemand Kontra gibt, denen sage ich nur ganz milde, dass ich für sie beten werde. Was ich mache, wenn einer anruft, der verlangt, dass ich für ihn bete, kann ich allerdings nicht sagen. So häufig sind perverse Anrufer schliesslich nicht, dass man da Statistiken und Lösungsmuster sammeln könnte.

Ach ja, der Mut am Telefonhörer, der keiner ist… Das erinnert mich an die Zeit, als über Wochen dauernd der Anrufbeantworter ansprang und ich ein leises, eindeutig weibliches Geschnaufe mithören konnte, während jemand sich viele Male den Ansagetext mit meiner Stimme anhörte. “Sie” hat wohl gar nicht damit gerechnet, dass es auch Menschen gibt, die zuhause auch arbeiten und sich deswegen tagsüber im Home Office aufhalten (oder dass es die Rufnummernerkennung bei ISDN gibt, oder Fangschaltungen - oder gemeinsame Bekannte, die solche und die anderen diesbezüglichen Marotten ausplaudern). Leider beschränkten sich die etwas seltsamen Aktivitäten nicht nur auf Anrufe (sie erzählte auch anderen Leuten, wir wären miteinander bekannt) und irgendwann habe ich den Hörer abgenommen und sie namentlich begrüsst. Ein kurzatmiges Aufjappsen, ein Klicken und Ruhe war. Ich hatte schon überlegt, ob ich Ihr nicht mal meinen Haushaltsmüll überlassen soll, damit sie ihre Faszination für mich ausleben kann. Aber irgendwas sagt mir, den hat sie sowieso schon gesehen 😊

Wirklich verunsichern kann mich höchstens noch Olivers Oma. Sie ruft an, hört genau eine Zehntelsekunde hin - ob ich auch wirklich den Hörer abgenommen habe - und rattadattadattadamm wird mir um die Ohren gehauen, was sie gerade loswerden will und um wieviel Uhr sie loszufahren gedenkt, um uns heimzusuchen. Bevor ich auch nur einen Laut des Entsetzens oder gar der Zustimmung (?) von mir geben kann, ist alles schon vorbei und es hat wieder Klick gemacht. Und ich sitze betäubt, mit dem Hörer in der Hand - nur langsam kommt die Erkenntnis, dass es kein Entkommen gibt.

So landen denn eben Tonnen um Tonnen von Baumkuchen hier “wie telefonisch besprochen”, werden in der Weihnachtszeit Wagenladungen von Spritzgebäck im Bekanntenkreis umverteilt “Du hattest doch am Telefon gesagt, dass….”, verschimmeln hässliche hellblaue Hemden im Schrank und stellen wir uns schicksalsergeben darauf ein, einen sonnigen Sonntag wie diesen mit Grundsatzdiskussionen über Lebenspartnerinnen zu verbringen, die dem armen Oliver nicht mal regelmässig einen Eintopf kochen. Auch das geht vorbei, wetten? Seufz.

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