Give me the future with a modern girl

Eigentlich finde ich es ja superblöde, wie die aktuelle Generation sich verkümmerte Handys ans Ohr schraubt und noch blöder ist eindeutig die SMS-Kultur, die obendrein noch unauffällig in Cent aufgeteilt ein Vermögen kostet. Die Frage ist nur, ob jemand es sich leisten kann, über Los Mobilos abzulästern, der sich selbst Erinnerungsmails und dem Mann die digitale Einkaufsliste ins Büro schickt. Vermutlich nicht.

Und doch. Und doch möchte ich ein Störgerät haben, das mir in 50 Metern Umkreis Zwangsruhe verschafft. Ich will nicht, dass es im Restaurant bimmelt. Ich mag nicht im Zug sitzen, wenn neben mir ein Anzugäffchen seine Aktionkurse in den Hörer brüllt, um einem anderen Anzugäffchen und allen Bahnfahrenden zu imponieren. Ich kann es nicht ertragen, mithören zu müssen, wenn Teenies Liebeskummermonologe führen und dieses ewige Getippere mit spitzen Fingern auf lachhaft kleinen Mobiltelefonen müsste für mich nicht mit quietschigen Geräuschen begleitet werden. Wirklich nicht.

Am Schlimmsten aber finde ich, dass es inzwischen ganz normal ist, neben jemandem zu sitzen und ungeniert und ohne Hemmungen ganz ganz lange über eine Beziehung zu sprechen, bei der jeder Unbeteiligte nach dreissig Sekunden trotz angestrengten Weghörens die Erkenntnis gewinnt, dass Hopfen und Malz nicht nur verloren sind, sondern dort noch niemals wuchsen. Himmel und Hölle noch mal, was tun sich manche Leute eigentlich für Beziehungskisten an?! Das hat nichts mit Liebe zu tun. Wahrhaftig nicht. Und Ohren zuhalten ist auch nicht angemessen, obwohl man möchte:

Da sitzt auf einer öffentlichen Bank an einem öffentlichen Platz ein fremdes bildhübsches und eigentlich auch ziemlich clever wirkendes Mädel aufrecht und gelassen ... und rutscht dann übergangslos in einen verkrampften Knochenhaufen zusammen, bevor sie ihren Mut (!) zusammennimmt und ihren Freund anruft. Der sie dann offensichtlich eiskalt abserviert, nebenbei noch einen gemeinsamen Termin platzen lässt und einen anderen für ein romantisches Treffen verschiebt, sie ungnädig anzumotzen scheint und obendrein noch dazu bringt, sich zu entschuldigen. Wofür auch immer, fürs Atmen vermutlich.

Sie wiederum ruft anschliessend eine Freundin an und erzählt, dass er wieder bei der Ex ist, weil das Kind doch krank ist, dass die Ex ihn aber ganz bestimmt nicht zurückwill und dass deswegen noch nicht alles verloren ist und dass er vielleicht am Wochenende kommt, vielleicht muss sie ihn aber auch abholen, er überlegt sich das noch. Und ihre Augen leuchten wieder, denn das ist ihre Hoffnung: Dass die Andere ihn sowieso nicht will. Würde, Stolz und Normalität sind derzeit ausverkauft. Nur Leidensbereitschaft und wahnsinnige Hoffnung sind im Angebot und werden durch ständige kurze Mobiltelefonate und SMS genährt. 

So verliert der Tag ein wenig von seinem Schimmer. Ob dieser fremde digital übertragene Paarungstanz so gnadenlos und verletzend wäre, wenn die Kommunikation nicht so ständig und so mobil wäre? Menschen auf kühler Distanz halten ist mit einem Handy genau so einfach wie Verfügbarkeit garantieren.

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